Frechheiten und Heldenverehrung –
Beethovens Symphonien 1, 2 und 3
Beethoven war zwar Schüler Haydns, aber er meinte, mit dessen Unterricht unzufrieden sein zu müssen. So schreckte er auch nicht vor einem Affront zurück und widmete Haydn nicht sein eigenes gedrucktes op. 1, wie es brave und dankbare Schüler zu tun pflegten.
Aber an Haydn konnte er letztlich doch nicht vorbei, als er daran ging, Symphonien zu schreiben. In seinen ersten Beiden komponiert er an Haydn gleichsam entlang. Ganz ungeniert bedient er sich der haydn’schen Errungenschaften und pfropft diesen sein eigenes jugendlich-genialisches Ungestüm auf. So kommt er zu frappierenden Lösungen. Und dann die „III.“, „um einen großen Helden zu feiern“. Beethoven hat die Widmung an Napoléon auf seinem Manuskript wild und brutal wieder ausgestrichen. Seinem alten Lehrer hat er noch Abbitte geleistet bei Haydns letztem öffentlichen Erscheinen, als er 1808 diesem mit Tränen in den Augen die Hand küsst.
Die schlanke Maid, das Schicksal und die Idylle –
Beethovens Symphonien 4, 5 und 6
Als er seine „IV.“ komponierte, war Beethoven nach Aussage seiner Freunde stets guter Laune und zu Scherzen aufgelegt – ja, und verliebt war er auch. Robert Schumann wird die unter solchen Voraussetzungen komponierte Symphonie, zwischen der „Eroica“ und der „Schicksalssymphonie“ stehend, später als „eine griechisch schlanke Maid zwischen zwei Nordlandriesen“ bezeichnen.
Mit gleichem Recht kann man die „V.“ dann als felsigen Berg, der links und rechts von idyllischen Landschaften umgeben wird charakterisieren. Denn die nachfolgende „VI.“, die „Pastorale“, zelebriert nachgerade das idyllische, friedvolle Leben auf dem Land, wo der Liebe Gott sogar auf die Gebete der Hirten hört und das Gewitter keinen allzu großen Schaden anrichtet.
Ekstase und souveränes Hohngelächter –
Beethovens 7. und 8. Symphonie
Als „Apotheose des Tanzes“ hat Beethovenverehrer Richard Wagner die „VII.“ bezeichnet. In der Tat schwelgt Beethoven hier nachgerade ekstatisch in Tanzrhythmen – was auch logisch einen Einbruch hervorruft, welcher im langsamen Satz entsprechend ausgelotet wird.
Und die „VIII.“? Sie ist wohl wirklich die boshafteste unter Beethovens Symphonien. Kein langsamer Satz bringt Ruhe ins Gewusel und Gewurl, welches der Komponist als kundiger Arrangeur noch zu vermehren und in seine Bahnen zu lenken vermag.
„…überm Sternenzelt…“ –
Beethovens 9. Symphonie
„Nicht diese Töne“ – aber dafür das Wort Schillers. Was soll man sich dabei denken, dass Beethoven drei seiner schönsten und ergreifendsten Symphoniesätze am Ende verleugnet und zum Hymnus an die Freude ansetzt – einem Gedicht, von dem sich Schiller im Übrigen distanziert hat? Ja – man kann, man soll vielleicht gerade diese „IX.“ als Rätsel hören!
Dr. Johannes Leopold Mayer