Samstag 17.10.2015, 19.30 Uhr
Congress Casino Baden
Wolfgang A. Mozart: Klavierkonzert Nr. 21; C-Dur, KV 467
Friedrich Gulda: Concerto for myself
Philharmonisches Orchester Györ
Norbert Pfafflmeyer, Dirigent
Klavier: Roland Batik
Schlagzeug: Christian Rabitsch
E-Bass: Wolfgang Bankl
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Mozart und Gulda
Die Kombination der Namen Mozart und Gulda war vom Anbeginn der Karriere des Ausnahmepianisten Friedrich Gulda an eine der glücklichsten. Guldas pianistischer Stil, geprägt von der Neuen Sachlichkeit, sein sehr motorisches Spiel, das sich durch geschärfte Rhythmik und Klarheit der vertikalen Struktur auszeichnete, waren geradezu prädestiniert für die Interpretation der Werke Mozarts. Diese klare, präzise Musiksprache, die keine Faxen und Manierismen verträgt, war bei ihm in den besten Händen. Mozarts schnelle Sätze erklangen bei ihm klar und unprätentiös in atemberaubender Motorik, technisch brillantest interpretiert. Die langsamen, elegischen Partien konnte Gulda extrem langsam, ohne je die Spannung zu verlieren, genüsslich auskosten, um nicht zu sagen auf den Tasten singen. Speziell der zweite Satz des heute erklingenden C-Dur-Konzertes war in Guldas Interpretation der musikalische Garten Eden!
Über Friedrich Gulda zu schreiben ist unglaublich schwer, denn er war nicht nur ein außergewöhnlicher Künstler, sondern auch ein außergewöhnlicher Mensch, der nur schwer in die üblichen Kategorien eingeordnet werden kann. Er wurde am 16. Mai 1930 in Wien in eine normale Bürgerfamilie geboren, hatte eine ältere Schwester und begann schon als kleiner Bub mit dem Klavierspiel und wurde bereits mit 8 Jahren in das Wiener Volkskonservatorium aufgenommen, wo ihn Felix Pazofsky unterrichtete. 1942, also 12jährig, wurde Gulda bereits Schüler der Wiener Staatsakademie, der heutigen Musikuniversität. Bruno Seidlhofer, eine Legende als Klavierprofessor, wurde sein Klavierlehrer, bei Joseph Marx lernte er Musiktheorie. 1944 debütierte er auf dem Konzertpodium und konnte unmittelbar nach dem Krieg an einem internationalen Wettbewerb teilnehmen: Er wurde Preisträger des Concours International d’ Execution Musicale in Genf 1946.
Dieser Wettbewerbssieg ermöglichte ihm eine rasante internationale Karriere. Er machte Tourneen durch die Schweiz, die Tschechoslowakei, Ungarn und Italien und konnte 1950, also 20jährig, sein Debüt an der Carnegie-Hall in New York feiern. In der klassischen Musik waren Bach, Mozart, Beethoven, Debussy, Ravel und Schubert seine Repertoireschwerpunkte. Seine Einspielung der 32 Beethovensonaten ist heute noch unübertroffen. Als Jazzpianist debütierte er 1956 im Birdland, New York City und wandte sich von da an immer mehr dem Jazz zu. Gulda war ein Crossover-Künstler, bevor es diesen Ausdruck überhaupt gab. Ab 1962, dem Jahr in dem er das Musikforum Ossiachersee, eine unkonventionelle Begegnungsstätte zwischen Klassik, Jazz und Popmusik, gründete, versuchte er in seinem Spiel, seinen Programmen und auch in seinen Kompositionen einen Brückenschlag zwischen den verschiedenen Musikkulturen.
Gulda zog sich mit vierzig oder fünfundvierzig Jahren – für seine Hörer viel zu früh – aus dem professionellen Konzertbetrieb zurück und spielte nur mehr, wenn es ihn freute, wenn er eigene Werke spielen konnte oder gar sich mit Jazz und Improvisation beschäftigen konnte. Hier spielte natürlich auch seine Freude an der Provokation seines Publikums eine Rolle. In den Sechziger Jahren wollte er seine Zuhörer mit der swingigen Interpretation langsamer Beethovensätze schocken, was ihm jedoch nur teilweise gelang, denn ein Großteil seines Publikums war davon begeistert und stürmte allein deswegen seine Sonatenabende. In den späteren Lebensjahren gelang es sehr selten, Gulda zu Auftritten mit klassischer Musik zu überreden, was manchen seiner Zeitgenossen zu bissigen Kommentaren beflügelte: Er spiele nur mehr klassisch, wenn er Geld brauche. Jedenfalls waren diese seltenen Auftritte auf dem Konzertpodium, meist mit Dr. Karl Böhm und den Wiener Philharmonikern, wahre Sternstunden, die schon wenige Stunden nach der Ankündigung ausverkauft waren. Speziell bei den Salzburger Festspielen war er öfters in solchen Konzerten zu hören, wobei meist Konzerte von Mozart erklangen. Am 27. Jänner 2000 starb Gulda viel zu früh und überraschend in Weißenbach am Attersee. Er war dreimal verheiratet, seine beiden Söhne Paul(*1961) und Rico(*1968) sind inzwischen auch erfolgreiche Pianisten.
Mozarts Klavierkonzert in C-Dur, KV 467 entstand, wie auch das d-moll-Konzert KV 466 zu Beginn des Jahres 1785. Die Uraufführung fand am 12 März 1785 statt, wobei Mozart den Solopart selbst spielte, was für alle Klavierkonzerte des Meisters gilt. Diesem Umstand verdanken wir 27 Klavierkonzerte! Mozarts Vater wohnte diesem Konzert bei und berichtet seiner Tochter Nannerl nachher, dass er über die Schönheit des Konzertes und den Beifall zu Tränen gerührt wurde. Das vorhergehende Konzert KV 466 hatte Mozart erst knapp vorher, am 14 Februar aus der Taufe gehoben. Damals hatte Leopold Mozart seiner Tochter mitgeteilt „…ein neues vortreffliches Clavierconcert vom Wolfgang, wo der Copist, da wir ankamen, noch daran abschrieb und Dein Bruder das Rondo noch nicht einmal durchzuspielen Zeit hatte, weil er die Copiatur übersehen musste…“
Der zündende Marschcharakter des ersten Satzes entspricht dem Zeitgeschmack, der der französischen Form des „Militärkonzertes“ huldigt. Besonders reizvoll in diesem Satz ist das Konzertieren des Soloinstrumentes mit den Bläsern. Der zweite Satz, ein inniges Andante , das einst als der „himmlischste Satz“ Mozarts bezeichnet wurde, ist so schön, dass es von findigen Werbemenschen mit diversen, vor allem rhythmischen, Veränderungen als Untermalung für alle möglichen Fernsehwerbungen und auch für den bekannten Film „Elvira Madigan“ missbraucht wurde. Damit befindet sich dieser Satz in bester Gesellschaft etwa der „Kleinen Nachtmusik“, oder des Albumblattes „Für Elise“ von Beethoven. Das Finale, ein Allegro vivace assai, besticht durch geschliffenen Witz und Temperament.
Friedrich Guldas „Concerto for myself“ ( Sonata concertante for piano and orchestra) ist ein Konzert für Klavier, klassisches Symphonieorchester, E-Bass und Schlagzeug, mit dem sich der Komponist ein Denkmal setzte. Der Solistenpart erfordert klassische Klavierkonzerttechnik, Jazz- und Popfeeling, sowie Bereitschaft zu freier Musik und auch improvisatorische Fähigkeiten. Die Orchestrierung ist von bewundernswerter Durchsichtigkeit, Klarheit und Eigenständigkeit – ein Umstand, den Gulda auch bei Mozart immer sehr schätzte. Die Uraufführung des Werkes fand im März 1988 durch den Komponisten in München statt.
Der erste Satz, The New in View (…then Old is New) hat klassische Sonatenhauptsatzform und bietet ausgiebig Raum für Jazzrockimprovisationen und eine Solokadenz.
Der zweite Satz, Lament for U (Aria con variazioni) bezieht sich im Titel auf das damalige Ende der Beziehung zur langjährigen Lebensgefährtin Ursula Anders (die später wieder aufgenommen werden sollte). Das von der Oboe d´amore gespielte Thema hat daher einen sehr wehmütig-bittersüßen Charakter. Die vielen Variationen des Themas gestatten zwar den einen oder anderen Lichtblick, doch am Schluß kehrt die Musik wieder zur anfänglichen Traurigkeit zurück.
Der dritte Satz, Of me (Free cadenza) gibt dem Solisten Gelegenheit, sich der total freien Musik hinzugeben und zu improvisieren.
Der vierte Satz, Rondo Finale (For U and U/And You and You/All of me/For All of You)
ist ein fröhlicher Ausklang – er beginnt mit einem markanten Fanfarenthema, mündet zweimal in eine lateinamerikanisch durchpulste Improvisation und kommt zu einem prunkvoll strahlendem Ende.
Friedrich Gulda hat mit seinem Concerto for myself ein mitreißendes Werk der Crossover-Sparte geschaffen – barocke und klassische Anklänge stehen neben ganz freier Musik, Poprhythmen, Jazz und südamerikanischem Tanzfeeling.
Alfred Willander